Responsive image

on air: 

Stephan Kaiser
---
---
obi-wan-disney+-streamingtipp
Serie [Action, Drama, Star Wars]

Obi-Wan Kenobi

Obi-Wan Kenobi steht in der Dunkelheit, sein Gesicht von seinem Lichtschwert erleuchtet

Disney+
Eine Staffel, 6 Folgen
Action, Drama, Star Wars 

Staubige, trockene Weiten. Zwei Sonnen brennen sich hartnäckig in die Oberfläche Tatooines, wachen über ein kleines Gebäude inmitten der Wüste, malen lange Schatten in den heißen Sand. Der junge Blondschopf, der hier groß wird, wird eines Tages das Schicksal eines ganzen Franchises auf seinen Schultern tragen: sein Name ist Luke Skywalker und sein Name wird noch über 40 Jahre die Basis eines Kult-Phänomens sein. Wir beginnen da, wo 1977 alles seinen Anfang fand: zurück zum Ursprung, zurück zu einem ergrauten, müden Wächter in der Wüste. Sein Name? Obi-Wan Kenobi. 

 

Nahaufnahme auf Obi-Wan Kenobis Augenpartie
© 2022 Lucasfilm Ltd. & ™

“Niemand hasst Star Wars mehr als Star Wars Fans”

Dieses Sprichwort hält sich hartnäckig und kommt nicht von ungefähr: Nach der kultigen Original-Trilogie konnten weder die Prequels der frühen 2000er, noch die Sequels der späten 2010er die Fanbase überzeugen. Es hagelte harsche Kritik und Enttäuschung. Man könnte beinahe meinen, der Erfolg der originalen Star Wars Filme ließe sich nicht wiederholen - denn während Solo-Filme und unabhängige Produktionen wie The Mandalorian besser aufgenommen wurden, schienen Handlungen mit den Original-Charakteren auf ewig dazu verdammt, in Missgunst zu fallen. Meine These: Der Fluch wurde gebrochen. Denn Obi-Wan Kenobi schafft es, frühere Fehltritte auszugleichen und mit etwas Neuem zu vereinen, etwas, worin Star Wars schon seit seinen Anfängen Stärke beweisen konnte.

 

Obi-Wan Kenobi und Leia gehen in Deckung
© 2022 Lucasfilm Ltd. & ™.

“Ihr seid meine letzte Hoffnung, Obi-Wan Kenobi!”

Ob das Zitat nun von Leia Organa stammt oder von den Produzenten, die sich noch ein letztes Mal an die Original-Handlungen wagen - im Endeffekt ist die Prämisse der Serie schnell erklärt. Zwischen den Ereignissen der Prequels und der Original-Trilogie treffen wir auf einen alternden Obi-Wan Kenobi, der stumm über den kindlichen Luke Skywalker wacht. Die Rebellion ist gefallen, das Imperium versetzt die Galaxie in Angst und Schrecken - angeführt ausgerechnet von Kenobis ehemaligen Schützling Anakin Skywalker, aka Darth Vader. Als Lukes Schwester Leia entführt wird, bleibt Kenobi nichts Anderes übrig, als sich aus dem Schatten herauszuwagen. In einem typischen Abenteuer-Plot reist er quer durch die Galaxie, um das Mädchen vor den dunklen Mächten zu bewahren. Dabei wird eines jedoch schnell klar: die Schatten der Vergangenheit haben ihn nie losgelassen und rücken schneller wieder näher, als ihm lieb ist. Wo bleibt da die Spannung? könnte man fragen, immerhin sind alle Akteure in der Original-Trilogie vertreten, viel passieren kann also nicht... falsch gedacht! Wer sich emotional auf die Handlung der 6 Folgen einlassen kann, den erwartet eine tolle Vertiefung der geliebten Protagonisten und eine schöne, stilvolle Ergänzung des Star Wars Universums - all das im chaotischen, leidenschaftlichen Gewand der Prequels. Logiklücken hin oder her - emotional geht das Konzept voll auf. 

 

Anakin und Obi-Wan im Lichtschwert-Duell
© 2022 Lucasfilm Ltd. & ™.

Obi-Wan, Prinzessin Leia & der Lieblings-Bösewicht...

...von all diesen Charakteren haben wir nach der Serie ein tolles, ausdefiniertes Bild. Die junge Vivian Lyra Blair passt perfekt in die Rolle als junge Leia Organa und erinnert herzzerreißend an die verstorbene Carrie Fisher. Hayden Christensen feiert ein Comeback als Anakin Skywalker/Darth Vader und hier entfaltet sich dann auch die Stärke der Serie: nämlich im Zusammenspiel mit Ewan McGregor, der zurück in die Rolle des Kenobis schlüpft. 

Erstaunlich intensiv zeigen sich die emotionalen Sequenzen zwischen ihm und Anakin: lange, unerbittliche Szenen ohne Schnitte, eindringliche Kampf-Szenen und Dialoge. Die meisten sind sich einig, dass der dritte Teil des Prequels der stärkste der eher schwachen Trilogie ist, und Obi-Wan Kenobi greift sich genau die Stärken des Films heraus: Der tragische Fall eines aufstrebenden Jedi-Ritters, der seine Mitmenschen und den Rest der Galaxie mit in einen düsteren Abgrund gezogen hat. Vielleicht findet sich hier storytechnisch keine neue Wendung - dafür aber jede Menge emotionale Tiefe, für die bisher noch kein Platz war. Obi-Wan Kenobi ist der Hauptcharakter einer Actionserie, der die meiste seiner Screentime damit verbringt, wegzulaufen. McGregor spielt hier genau die richtigen Impulse und trägt die Serie großartig als getriebener Verlierer, der erst langsam zurück in seine alte Rolle findet. Angst und Flucht sind die zentralen Themen der Serie, und das ist nicht nur einnehmend, sondern auch schlicht und ergreifend völlig neu für eine Produktion dieses Genres. Schöne, weite Bilder und ein bedrohliches Gefühl von Einsamkeit greifen spätestens ab Folge 3, und dann ist man wieder voll dabei: hier bleibt sicherlich keine Spur von Frust oder Enttäuschung, wenn man Charakterentwicklung etwas abgewinnen kann.

 

Fazit: Absolute Binge-Empfehlung für Freunde von Star Wars und Charakterdramen: nach der Serie folgt garantiert ein Rewatch der gesamten Sage.


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!