Die Stadt Gütersloh hat die Roma Familie Kurtesi mit ihren sechs Kindern in der vergangenen Nacht nach Serbien abgeschoben. Darüber informierte das Büro des Bürgermeisters die Unterstützer der Familie um Professor Dr. Michael Löhr heute. Die Unterstützer haben nach eigenen Angaben keinen Kontakt zu der Familie, sie wissen nicht, wie es dem behinderten Sohn Denis und seiner Familie geht. Fassungslos, traurig, sprachlos – so beschreibt Löhr die Gefühle der Unterstützer und wörtlich schrieb er: „Ich schäme mich für die Verwaltung meiner Heimatstadt.“
Die Stellungnahme der Stadt Gütersloh:
"Am Dienstagmorgen ist die Abschiebung einer achtköpfigen Familie nach Serbien durchgeführt worden. Der Termin war der Stadt Gütersloh sehr kurzfristig bestätigt worden. Mitarbeitende der Stadt Gütersloh und der Zentralen Ausländerbehörde in Bielefeld sowie ein begleitender Arzt holten die Familie ab, die sich offensichtlich auf eine kurzfristige Abschiebung eingerichtet hatte. Sie sei sehr kooperativ gewesen und habe die Information, dass im Ankunftsort Belgrad ein Arzt zur Untersuchung für eines der Kinder zur Verfügung stehe, positiv aufgenommen, heißt es im Bericht der Ausländerbehörde.
In der vergangenen Woche hat die Stadt Gütersloh in einer Stellungnahme bereits dargelegt, warum sie in diesem Fall der Empfehlung der Härtefallkommission und des Petitionsausschusses nicht gefolgt war (s. auch Stichwort „Hintergrund“). Bürgermeister Henning Schulz erklärt dazu: „Niemand macht sich eine solche Entscheidung leicht und die Abwägung aller Gründe für und gegen eine Abschiebung lässt weder mich noch die Mitarbeitenden in der Ausländerbehörde unberührt. Dennoch sind wir in diesem Fall bei einer Entscheidung geblieben, die in diversen Verfahren vor Gericht, von anderen Beteiligten und von Erkenntnissen gestützt wird, zu denen wir aus Gründen des Datenschutzes und mit Blick auf Persönlichkeitsrechte Einzelner keine Details veröffentlichen dürfen.“ Nach 22 ablehnenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen, die insbesondere im letzten, aber auch in den übrigen Verfahren den Aspekt der Behinderung eines Kindes der Familie umfassten und diesen im Ergebnis als Abschiebehinderungsgrund ausschlossen, seien anhand der Faktenlage keine begründbaren Spielräume mehr für eine Aussetzung der Abschiebung gegeben. Auch die Härtefallkommission habe in ihrer Stellungnahme nicht auf Aspekte verweisen können, die von Gerichten nicht bereits umfassend geprüft oder gewürdigt worden seien.
Mit der Familie habe es immer wieder Gespräche gegeben, in der auf die Vorteile einer freiwilligen Ausreise hingewiesen worden sei, ergänzt Nicole Pollklas, Leiterin der städtischen Ausländerbehörde. Dazu zähle unter anderem auch die Rückkehrmöglichkeit über eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Westbalkan-Regelung. Vor der Abschiebung hatte die Ausländerbehörde Kontakt mit den serbischen Behörden aufgenommen und den Empfang sowie die medizinische Betreuung des Kindes in Serbien sichergestellt. Eine kostenlose medizinische Versorgung sei auch dort gegeben, so Nicole Pollklas. Dies umfasse auch die Behandlung in einer für die vorliegende Behinderung geeigneten Spezialeinrichtung.
Henning Schulz: „Ich habe persönlich sehr viel Verständnis für das langjährige Engagement der ehrenamtlichen Unterstützer der Familie, aber ich bitte auch darum, die Haltung der Verwaltung anzuerkennen. Wir halten uns an Recht und Gesetz, wenn Menschen zu uns kommen und Asyl beantragen. Genauso sind Gesetze und rechtsstaatliche Grundsätze die Grundlage unserer Entscheidungen, wenn dies nicht gewährt wird. Eine Abschiebung ist niemals eine leichte Aufgabe und vor allem keine, die leichtfertig durchgeführt wird. Aber in diesem Fall war sie nach Abwägung aller, teilweise öffentlich nicht bekannter, Tatsachen durchzuführen – auch im Sinne eines gerechten Umgangs mit all denen, die einen Asylantrag stellen.“
Zum Hintergrund:
Die 8-köpfige serbische Familie ist erstmals 2013 und dann erneut 2015 in das Bundesgebiet eingereist und hat seitdem, zumeist für verschiedenen Familienangehörige nacheinander, Asyl- und Asylfolgeanträge gestellt. Diese wurden als unbegründet abgelehnt. Die gegen die Ablehnungen angestrengten gerichtlichen Verfahren blieben jeweils ohne Erfolg. Insgesamt wurden 22 erfolglose Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren betrieben, in denen die Gründe, die die Familie für Ihren Aufenthalt geltend macht, sehr umfassend geprüft worden sind. Nachdem alle Verfahren bestritten worden sind und damit der Abschiebung rechtlich nichts mehr im Wege stand, hat die Familie, unterstützt durch einen ehrenamtlichen Betreuer, noch Verfahren vor der Härtefallkommission und dem Petitionsausschuss angestrengt. Beide Gremien empfehlen, der Familie eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, allerdings ohne neue oder noch nicht berücksichtige Gründe hierfür zu benennen."
Hier die vorigen Radio Gütersloh Berichte:
Weitere Unterstützung für Familie Kurtesi
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Neue Hoffnung für Roma-Familie Kurtesi
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