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Marlene Sokoll
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Film [Marvel, Superhelden, Science Fiction]

Thor: Love and Thunder

Superheld Thor vor flammenden Hintergrund in Nahaufnahme.

Disney+
Marvel, Superhelden, Science Fiction

Lange blonde Haare, rotes Cape. Ein Hammer, eine Axt - Frisurenwechsel und ein kompletter Neuanstrich. Kaum ein Superheld hat sich seit seinem ersten Auftritt im Marvel Cinematic Universe dermaßen gemausert wie Thor Odinson. Wie erlebten ihn schon als Shakespearesken Reden-Schwinger, als aufgepumpten Action-Helden einer ganzen Generation und nicht zuletzt als modernen, leicht abgedrehten Anhalter durch die Galaxis. Dabei stand das Franchise um den nordischen Gott bereits vorm Aus. Der Held aus dem echten Leben ist hier Regisseur Taika Waititi: der verpasste Thor in seinem dritten Solo Film einen kompletten Neuanstrich, machte ihn moderner, jünger und vor allem witziger. Doch ob das auch ein zweites Mal gelungen ist? Kritiken sind sich uneinig.

 

Vor einem orangen Sonnenuntergang fliegt die Silhouette eines Superhelden über den fremden Planeten.
© 2022 Disney/Marvel

Je schräger desto besser?

Zugegeben, Waititis abgedrehter Filmstil (bekannt zum Beispiel aus Jojo Rabbit oder What We Do In The Shadows) ist der stärkste Grund, aus dem die Thor Filme wieder obenauf sind. Viel Zuspruch gab es für den experimentellen dritten Teil: und Waititi scheint genau diesen Aufwind als Gelegenheit genutzt zu haben, um sich in Teil Vier in noch höhere Phasen des Gag-Wahnsinns zu steigern. Kreischende Ziegen, faule Götter, eifersüchtige Waffen; zu bunt, zu knallig? Das gibt es hier nicht. Waititi bedient sich teilweise direkt an den Quellen der nordischen Mythologie, übersetzt diese jedoch mitleidlos in eine moderne Hommage an Wahnsinn und Über-Stilisierung. Wer sich hier nicht auf den extravaganten Stil einlassen kann, hat im Grunde schon verloren - denn viel anderes findet sich in der Handlung nicht.

Wir treffen mit Thor auf eine alte Bekannte. Seine lang verlorene Liebe Jane kehrt zurück, und sie ist stärker als je zuvor: um ihre Krebserkrankung zu heilen, hat sie die Kräfte von Thors Hammer angenommen und ist nun zur Stelle, um die Welt vor dem bitterbösen Götterschlächter Gorr zu bewahren. Dieser wird von Christian Bale gespielt und ist ein düsterer, beinahe horroartig anmutender Gegenpart  zu dem andauernden Klamauk. Dank ihm und Nathalie Portman findet der Film immer wieder zurück zu einer ernsten Note und zeigt sich hier doch hin und wieder in gewohnt dramatischem Marvel Gewand. Leider verliert die Handlung vor allem in der letzten Viertel Stunde ein wenig an Klarheit - zu viele verschlungene Entscheidungen und undurchsichtige Charakter-Momente führen dazu, dass der Film von einer klaren Linie immer wieder in Verwirrung, ja vielleicht sogar ins Geschmacklose abdriftet.

 

Thor und seine Liebe Jane posieren vor rosa Hintergrund.
© 2022 Disney/Marvel

Thor will sich selber finden

Nach all seinen Auf und Abs ist es nicht zuletzt der Marvel-Held selbst, der endlich herausfinden will, wer er ist. Storytechnisch mag ihm das am Ende des Films gelungen sein, seine Fans sind allerdings entzweit. Einige begrüßen den überdrehten, teils konfusen neuen Ansatz und freuen sich über die Rückkehr von Jane. Andere verliert der Film mit seiner überspitzten Ironie. Wenn der Abspann läuft geht wohl jeder mit einem anderen Eindruck nach Hause - insgesamt handelt es sich hier aber definitiv um eine mutige Ergänzung des Franchises, und starke Momente und Gags lenken gut von den Momenten ab, die weniger gut funktionieren. Taika Waititi liefert im Grunde genau das ab, was man von ihm will: noch mehr Spitze, noch mehr Wahnsinn. Und ein wenig Selbst-Ironie hat noch keinem Helden geschadet, so auch nicht Thor, den wir - laut Abspann - bald wieder im nächsten MCU-Film erwarten dürfen.

Fazit:  3/5 Regenbogen-Booten an kreischenden Ziegen - so ein Selbstfindungstrip nimmt nicht jeden mit, macht aber unheimlich viel Spaß.


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!