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Stephan Kaiser
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Film [Drama, Biographisch inspiriert]

Blond

Ana de Armas posiert als Marilyn Monroe

Netflix
Drama, Biographisch inspiriert

Ihr Lachen ist bekannt wie das keiner Anderen: ein ikonischer Fotoshoot über dem U-Bahn Schacht, der Schönheitsfleck über der Lippe, sie singt Diamonds are a Girl’s best Friend... Marylin Monroe ist eines der weiblichen Gesichter des 20. Jahrhunderts. Sie spielt sowohl als Sex-Ikone, als auch in ihrer komplexen feministischen Rolle noch lange über ihren Tod hinaus eine bedeutende Rolle. In der Vergangenheit wurde immer wieder klar, dass hinter dem schillernden Lachen und den fröhlichen Filmrollen eine komplexe Biographie steht, in der die Schauspielerin aufs Härteste mit den Hürden und der Missgunst ihrer Zeit konfrontiert wurde. Blond hätte ein Film sein können, der eben jene Biographie noch einmal aufnimmt - leider ist er das nicht. Vielmehr macht er sich zum Teil des Problems.

Ana de Armas auf der Kinoleinwand
Netflix © 2022

Groß angekündigt: “ein gewagtes neues Bild” 

In einer Mischung aus schwarz-weiß Bildern und Farbe fährt der Film auf und präsentiert beeindruckend detailgetreue Nachstellungen von Original-Fotografien. Es ist leicht, sich von Blond’s Cinematographie blenden zu lassen, denn die ist wirklich einzigartig berauschend. Am Ende der drei Stunden fühlt man sich benebelt von der Musik und den eindringlichen Bildern, aber all die verzerrten, grotesken Bilder tragen auch dazu bei, dass der Film sich in einer Endlosschleife verfängt, die am Ende nicht mehr viel damit zu tun hat, das Erbe oder die Geschichte der Schauspielerin würdigend zu verarbeiten.

Ana de Armas drängt sich als Marylin Monroe durch ein Gedränge von Fotografen
Netflix © 2022

Blond ist eine Fiktion. Es ist keine Biographie.” 

So äußert sich Regisseur Andrew Dominik zu seiner Verfilmung, die auf dem Buch von Joyce Carol Oates basiert. Da stellt sich nur die Frage, wieso überhaupt Marylin Monroes Namen benutzen? Im Grunde erzählt der Film zwei Geschichten: die der Kunstfigur Monroe und die der Frau dahinter. Ihr Name ist Norma Jeane und der Film erzählt ihre persönliche Abwärtsspirale. Hinter dem FSK18-Rating verbergen sich diverse Szenen, die Missbrauch und Gewalt zeigen. Ana de Armas gibt sich Mühe, wird von vielen Stimmen für ihre eindringliche Performance gelobt, aber am Ende will man eigentlich gar nicht mehr hinschauen, wenn sie von einer Horror-Szenerie in die nächste stolpert. Die Story scheint sich zu ergötzen an ihren (größtenteils frei erfundenen) Leidensszenen und fokussiert nur zwei tragende Motivationen in Normas Leben: Die Suche nach ihrem Vater und sich selbst und der Kampf darum, eine Mutter zu werden. Auch hier: frei erfundene Szenen von erzwungenen Abtreibungen und Fehlgeburten.

Ana de Armas als Marilyn Monroe im Rollkragen-Pulli auf einem Sofa
Netflix © 2022

Für wen wurde dieser Film gemacht?

Für Marylin Monroe oder Norma Jeane ganz sicher nicht. Sie wird hier zum Objekt einer Gewaltfantasie. Sicherlich steht sie beispielhaft für zahlreiche unerzählte Schicksale diverser Zeitgenossinnen, aber wieso dann nicht den Schritt gehen und eine rein fiktionale Geschichte erzählen? So weit der Film sich von biographischem Anspruch distanziert, so nah geht er dann bildlich und inhaltlich an vielen Stellen an seine Ikone heran. Das mag eine künstlerische Metapher sein, fühlt sich am Ende des Tages aber vor allem danach an, als würde sie selbst über ihren Tod hinaus noch für den Profit anderer ausgenutzt.

Fazit:  1,5/5 Diamonds. Blond führt eher in eine ethische Grundsatzdebatte als in ein bereicherndes Filmerlebnis.


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!